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Empfehlung im Juni 2020 von Doris Hess-Diebäcker
Romain Gary: Die Jagd nach dem Blau
Romain Garys letzter Roman "Gedächtnis mit Flügeln" aus dem Jahre 1980, in deutscher Sprache mit neuem Titel 2019 aufgelegt, weckte meine Neugier: Wieso erscheint dieser Roman gerade jetzt, vierzig Jahre nach dem Tod des Autors?
"Das Komische ist ein sicherer Ort, wo das Ernsthafte Zuflucht suchen und überleben kann." Diese Überzeugung zieht sich als Leitmotiv durch den Roman, der während des Zweiten Weltkriegs in einem Dorf der Normandie spielt.
Mit Witz, Realismus und Melancholie, erzählt Gary ein skurriles Märchen in dichter Sprache. Mit wenigen Pinselstrichen lässt er seine Figuren lebendig werden. Der junge Ludo, verliebt in die Polin Lila, sein drachenbauender Onkel Ambroise Fleury und der Meisterkoch Marcellin Duprat repräsentieren unter der deutschen Okkupation die Werte und Würde der französischen Republik.
In einer Zeit, in der es vielen ihrer Landsleute vernünftig erscheint, sich der Kollaboration anzupassen, leistet jeder der drei auf seine "unvernünftige" Weise Widerstand: Ludo mit seiner Liebe über nationale Grenzen hinweg, der Onkel mit den politischen Botschaften seiner Drachen, Duprat mit seinen Kochkünsten. Sie haben den Mut, ihre Phantasie als Verteidigungswaffe in düsterer Zeit zu nutzen.
"Die Menschen sollen ihre nobelsten Ideen an eine reißfeste Schnur binden und gut festhalten" – so verstehe ich die hoch aktuelle Botschaft Garys.
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