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Straßennamen in Münster
Bedeutungen und Hintergründe
Das einzige Denkmal, das Wolbeck noch aus der Zeit des Dynasten-Geschlechts
(Herrscherfamilie) Meinhövel besitzt, ist der weithin bekannte, uralte Tiergarten.
Diese 1.120 Morgen Waldfläche sind der Rest eines großen Urwaldgebietes, in dem
die Meinhövel eine Burg bauten. Das Alter des Tiergartens ist nicht bekannt;
doch um die Zeit 800 wird Hermann, Heerführer der Sachsen, als Erbauer der Burg
Meinhövel genannt.
In der Zeit von Fürstbischof Ludolph (1226-1248) wird dieser Wald bis zum Jahre
1242 noch einen Teil jenes Dominiums (größeres Landgut) gebildet haben.
Fürstbischof Franz Arnold von Wolff-Metternich zu Gracht (1707-1718) erbaute 1712, wie das über der Haustür angebrachte Wappen bekundet, im Tiergarten ein entzückendes Jagdschlösschen. In Urkarten von 1812 war dieses Jagdschlösschen eine Försterei. Später nannte man das historische Schlösschen Forsthaus. Als hier ein Förster Dinter seinen Dienstsitz hatte, eröffnete er von 1904-1912 ein Kaffeehaus. In dem jetzigen Garten standen Tische und Stühle für die Gäste. Georg Bolwin (später Küfermeister) war dort als Kellner tätig. 1909 diente Melchior Schmitz, jetzt wohnhaft Münsterstraße, bei einem Artillerie-Regiment in Münster. Sonntags fuhr er die Herren Offiziere mit einem Pferdegespann zum Kaffeehaus im Tiergarten. Heute dient diese historische Stätte einem Forstbeamten als Wohnsitz.
Die späteren Fürstbischöfe, besonders Clemens August I (1719-1761), haben sich durch ihre Anlagen im Tiergarten verewigt. Clemens August ließ einen breiten Kreuzweg schlagen, den ganzen Wald mit einem hohen Wall und Gräben umgeben und rundum eine Umzäunung zum Hegen der Hirsche, der Sauen und des übrigen Wildes anlegen. Da diese Einfriedigung durch das Kellingholz, das einen durch den Waldbach (Angel) abgetrennten Teil des Tiergartens bildet, mit umfasste, waren dort, wo der Zaun den Waldbach durchschnitt, sogenannte Klappen angebracht, die zwar vom fließenden Wasser bewegt wurden, es jedoch nicht stauten; dem Wild aber wurde der Durchgang verwehrt. Der Punkt, wo sich die Klappen befanden (am Ausgang des Waldbaches aus dem Tiergarten) heißt noch heute der Klappenkolk. Die zweite Durchschneidung des Zaunes lag in der Nähe des ehemaligen fürstbischöflichen Schulzenhofes Fronhof.
Aus jener Zeit des Fürstbischofs Clemens August I stammt wohl auch der Name des
Waldes. Clemens August war ein eifriger und leidenschaftlicher Jäger. Alle
fürstbischöflichen Jagdbezirke ließ er mit Grenzsteinen kennzeichnen, die die
Fürstenkrone und ein mächtiges C. A. trugen. Ein solcher Stein steht heute noch
am Weg gegenüber dem jetzigen Forsthaus.
Zur Pflege des Wildes war ein besonderer Wildhüter angestellt, der den
sogenannten Wildhüterkotten, der ebenfalls Eigentum des Bischofs war, bewohnte.
Der Wildhüter hatte das Rot- und Schwarzwild, dessen Zahl auf je 500 und 1.000
angegeben wird, zu füttern. Der Kotten, später Hof Hengstebeck und heute
Hof Markfort, liegt am Ende des östlichen Kreuzweges. Er diente auch zum
Abschießen des bis unter die Fenster getriebenen Wildes. Die aus Holz bestehende
Einfriedung des Tiergartens wurde 1832 - 1836 öffentlich verkauft.
Als im 18. Jahrhundert auf einer hohen Eiche im Tiergarten die letzten Störche
nisteten, stand Wolbeck im Mittelpunkt des weitausgedehnten Amtes Wolbeck.
In jener fürstbischöflichen Zeit waren bei der fürstbischöflichen Hofkammer
Oberjägermeister stationiert. Von ihnen sind nur noch Schaff und Elberfeld bekannt.
Schaff war der Eigentümer des jetzigen, weithin bekannten ersten Gasthofs Thier
(heute Thier-Hülsmann) in Wolbeck und erbaute (der Torinschrift zufolge) 1676
das jetzt noch vorhandene Gebäude.
1968 wurde das geschichtliche Gebäude (weil es unter Denkmalschutz steht) im
alten Stil neu aufgebaut. Für die umfangreiche Forstkartei eignete sich das
jetzige Thier'sche Besitztum sehr gut. In der Thier'schen Küche befand sich bis
vor einigen Jahrzehnten eine große Zahl auf Glas gemalter Wappen westfälischer
Adelsfamilien, die der Graf von Merfeldt erwarb und in sein Schloß Lembeck bringen
ließ. Es ist nicht ausgeschlossen, dass diese Besitzung zu den Burgmannshöfen
gehörte.
Der letzte Oberjägermeister war Clemens August Elberfeld, ein Täufling des Fürstbischofs Clemens August I. Die Familie dieses letzten Oberjägermeisters lebt noch heute in Wolbeck. Von 1784-1795 war er acht mal Wahlbürgermeister. C.A. Elberfeld starb am 20.11.1803 und fand seine Ruhestätte in der Kirche in Wolbeck, und zwar unter der Nikolaus-Statue. Seine Kinder waren bei seinem Tod noch minderjährig; deshalb ist der letzte Besitz (jetzt Beumer in der Gartenstraße; wahrscheinlich Rest eines Burgmannshofes, damals Hoock) bald durch den Vormund verkauft worden.
Bei der Säkularisation (Einziehung von Kirchengut) fiel die gesamte fürstbischöfliche Residenz mit ihr auch der Tiergarten 1803 an den Königlich Preußischen Staat. Nachdem der fürstbischöfliche Oberjägermeister Elberfeld gestorben war, sandte die Königlich Preußische Regierung als ersten königlichen Oberförster den in Cleve stationierten Forstbeamten Hollweg nach Wolbeck, der in das Jagdhaus im Tiergarten einzog. In jener Zeit war General Blücher (1742-1819) in Münster Militärgouverneur. Er machte mit seinen Offizieren dem zahlreichen Hochwild im Wolbecker Tiergarten ein Ende. Bis zum letzten Tier wurde alles niedergeschossen. Der damalige Gasthof am Osteingang von Wolbeck (ehemaliges Kurhaus Lackmann), war im Besitz der Witwe des verstorbenen Gräflich von Merveldtschen Rentmeisters Hoyer, geb. Oppenhoff. Dort kehrten die hohen Herren, oft auch Blücher, bei ihren Jagden ein. (gekürzt.)
Quelle: Die Geschichte Wolbecks, der Tiergarten, Nach Unterlagen von Ferdinand Zumbusch, Dr. H. Hörsting und F. Elberfeld durch den Verkehrsverein Wolbeck e. V. zusammengestellt. - Zwölfte Veröffentlichung Dezember 1972
Noch mehr Informationen aus der Ortsgeschichte Wolbecks von Ferdinand Zumbusch stehen in den Straßennamen Amelunxenstraße, Berdelheide, Buxtrup, Goldbrink, Grenkuhlenweg, Tiergarten, Tönskamp, Wallfahrtskottenweg, Zumbuschstraße.