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Freundeskreis

Empfehlung im Januar 2023 von Sabine Förster
Judith Hermann:
Daheim
In Ihrem Roman "Daheim" erzählt Judith Hermann ausschnitthaft die Lebensgeschichte einer Frau. Nach dem Auszug der gemeinsamen erwachsenen Tochter Ann trennt die namenlose Ich-Erzählerin sich von ihrem Ehemann Otis und zieht in einen kleinen Ort an der Ostsee, wo sie bei ihrem Bruder, der dort eine Kneipe betreibt, als Kellnerin arbeitet. Sie führt ein zurückgezogenes Leben, hat lediglich zu Ihrer Nachbarin Mimi, einer Künstlerin, und deren Bruder Arild engeren Kontakt.
Das Buch beginnt mit einer Rückblende auf ihr Leben vor 30 Jahren. Sie hatte damals durch Zufall an einer Tankstelle das Angebot eines alten Mannes erhalten, ihn und seine Frau auf einem Kreuzfahrtschiff zu begleiten. Dort sollte er als Zauberkünstler die Passagiere unterhalten, und dafür hatte er sie sie als seine Assistentin engagieren wollen, um mit ihr den Zaubertrick der "zersägten" Jungfrau in der Zauberkiste aufzuführen ...
Judith Hermann erzählt in einer melancholischen Grundstimmung, die sowohl mit dem Schauplatz als auch mit den Lebensumständen der Figuren verknüpft ist. Die Figuren sind vereinzelt; sie sind grundverschiedene Charaktere und ihr Aufeinandertreffen ist jedes Mal aufs Neue überraschend.
Es ist ein faszinierender und wunderbar erzählter Roman, der wie eine Zauberkiste Erinnerungen erst zersägt, um dann etwas Neues entstehen zu lassen. Es geht um die Suche nach einer Heimat und der "Sehnsucht nach allem, was ich einmal hatte" und der Frage, ob man dies hinter sich lassen und noch einmal neu anfangen kann.