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Freundeskreis
Empfehlung im Oktober von Monika Rasche
Der Postbote von Girifalco oder eine kurze Geschichte über den Zufall
Im Jahr 1969 betritt zum ersten Mal ein Mensch den Mond, doch in dem kleinen kalabresischen Ort Girifalco scheint die Zeit still zu stehen. Das Leben ist geprägt von sozialen Unterschieden, den Mühen des Alltags, der Wäsche auf den Balkonen und der Sehnsucht nach denen, die wegen der herrschenden Arbeitslosigkeit ausgewandert sind. Ein einsamer Junggeselle, der einer vergangenen Liebe nachtrauert, trägt hier die mal sehnsüchtig, mal ängstlich erwarteten Briefe aus. Niemand im Dorf ahnt, wieviel der unscheinbare Postbote von den Schicksalen der Menschen hier weiß, denn er öffnet heimlich die Briefe und greift gelegentlich auch in die Geschehnisse ein. Er tut dies weniger aus Neugier als aus Menschenliebe, und weil er immer auf der Suche nach dem tieferliegenden Sinn der Ereignisse ist. Dabei macht es für ihn keinen Unterschied, ob es sich um einen Stein im Schuh handelt, der ihn zum Philosophieren veranlasst, oder um einen verlorenen Zettel, den jemand aufhebt und deswegen nicht von einem herabstürzenden Zementeimer erschlagen wird.
Auch wenn seine tiefgründigen Gedanken und Überlegungen nicht immer höheren philosophischen Ansprüchen genügen, so sind sie doch amüsant zu lesen und geben einen Einblick in das Seelenleben eines Süditalieners. Zugleich wartet man mit Spannung darauf, wie die Geschichten im Buch ausgehen werden.