Landwehren im Münsterland
Im 14. Jahrhundert tauchte dieses Wort erstmalig auf, und vom Norden bis zum Süden wusste
jedermann es zu deuten. In jenen bewegten Zeiten, wo Räuberei und Überfall an der Tagesordnung
waren, musste etwas zum Schutz von Territorien und Besitz getan werden. Es wurden Wälle gebaut
und Hecken gepflanzt. Man nutzte Flussläufe und Sümpfe, um dem Gegner jeglichen Angriff zu
erschweren. Schon das Vorhandensein solcher Anlagen hielt manchen Räuber fern. So entstand in
Jahrhunderten ein dichtes Netz von Befestigungen auch in Westfalen. Die Zugehörigkeit eines
Teilstückes zum jeweiligen Grundherrn ist heute kaum mehr auszumachen.
So gibt es Landwehren, die ein Kirchspiel, Amt, Stift, einen Adelsbesitz oder auch einen
Schulzenhof umgeben haben.
Der Bau der kilometerlangen Wälle ist eine gewaltige Leistung gewesen, wenn man bedenkt, dass
nur Menschenkraft dafür eingesetzt werden konnte. Überwacht und organisiert wurden die Arbeiten
von den Gografen, die auch Gerichtshoheit hatten.
Waren die Erdarbeiten beendet, wurde alles mit dichtem Bewuchs versehen. So wurden gepflanzt:
Hainbuche, Haselnuss, Heckenrose, Schwarzdorn und Brombeeren. Durch Querflechtung wurde ein
undurchdringliches Dickicht geschaffen. Mannshoch musste es geschnitten werden.
Das Domkapitel von Münster mahnte die Gaugrafen u.a. des Gogerichtes Telgte: Soll ein jedes
Kirspel seine Landwehr in fleißige Aufsicht haben, dieselbezu graben, zu heggen in guter
Festung undt Vrechten halten - nicht das Holtz davon verkauffen - sondern - nach Gueth befinden
undt vorhin eingeholter Ordredes Gografen so viel nöthig in die gemeine Wege verbrauchen.
In gefahrvollen Zeiten wurden Bürger und Bauern zur Bewachung und zur Verteidigung der
Landwehren eingesetzt. Zahlreiche Familiennamen weisen auf Landwehren hin. An die
Straßendurchgänge erinnern die Namen Bäumer, Baumhüter, Wittlerbäumer, Stadtbäumer usw. Heute
sind die Landwehren auf lange Strecken kaum noch erkennbar. Durch Umwandlung der Landschaft,
dazu gehörte die Flurbereinigung, sind viele Landwehren zerstört worden. Die Umfunktionierung
zu Abwassergräben war allgemein. Auch manche Wallhecke war vielleicht eine Landwehr.
In ihrer Mächtigkeit im Profil beeindruckt die Landwehr in den Baumbergen, die kilometerlang
auf dem Kamm zwischen Schapdetten-Havixbeck verläuft.
Von den Landwehren in Kinderhaus sind uns heute noch einige Teilstücke erhalten geblieben. Sie
stehen, soweit sie bekannt sind, unter Denkmalschutz.
- Doppelwall-Teilstück, von der neuen Westhoffstraße durchschnitten, beginnt evtl.am Kinderbach und geht im Bogen zur Gasselstiege. Es ist durch einen Wassergrabenin der Mitte stark zerstört. Älterer Eichen- und Pappelbestand macht den Verlauferkennbar.
- Einfacher Wall im Kiefernwäldchen westlich Gut Marienthal. Der ca. 100 m langeWall wird vom Fahrweg Gut Marienthal-Bahnschranke geschnitten. Sein weitererVerlauf nach Westen könnte auf die Landwehr Heidegrund zugehen.
- Doppelwall-Teilstück längs der Straße Heidegrund in Höhe Schulze Relau.Teilstück heute mit hohen Pappeln. Der straßenzugewandte Teil ist durch Grabenund Straße zerstört worden. Diese Landwehr gehört zu Nienberge und führt weiter,von der Autobahn unterbrochen, zum Flothbach und vereinigt sich dort mit derSprakeler Landwehr.
- Die Sprakeler Landwehr, am Flothbach beginnend, ist eines der besterhaltenen Landwehrstücke
in unserer Landschaft. In östlicher Richtung verlaufend kreuzt die Landwehr den
Max-Klemens-Kanal bei der Gaststätte Höltene Schluseund mündet nach einem Knick in den
Fahrweg Zur Landwehr ein.
Folgt man der Straße über die Autobahnbrücke, sieht man etwa 100 m nördlicheine Hecke, die bis an die ersten Häuser Sprakels reicht. Weiter lässt sich der Verlauf nicht verfolgen. An der Gaststätte Sandruper Baum finden wir dieSpur wieder. Über die Stichstraße Am Schild führt die Landwehr zur Aa hinunter. Anwohner konnten hier noch den alten Verlauf bestätigen. Diese Landwehr zieht sich in vielen Windungen bis nach Handorf hin.
Quelle: Karl Weerth, Westf. Forschungen des Provinzialinstitutes für Landes-und Volkskunde, Bd. 1/1938