A bis Z

Ausschnitt eines alten Stadtplans von Münster aus dem Jahre 1862
 
Straßenschild Ringoldgasse
 
 
A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W Y Z 

Suche

Vesaliusweg

Stadtbezirk:Münster-Mitte
Statistischer Bezirk: Schloss
Entstehung: 1954
im Stadtplan anzeigen

Andreas Vesalius (1514 - 1564), Anatom; war seit 1537 Professor der Chirurgie und Anatomie in Padua; später Leibarzt Kaiser Karls V. und Philipps II. von Spanien; er forderte die Autopsie als allein zulässigen Weg der Erkenntnis des Körperbaus und begründete damit die neuzeitliche Anatomie; 1543 erschien sein Werk De humani corporis fabrica; er war auch ein erfolgreicher praktischer Arzt.
Quelle: Hans Dollinger, Die Münchner Straßennamen, München 1997

 

Andreas Vesalius

Für die Entwicklung der Medizin, vor allem aber für die Entwicklung der Anatomie ist wohl kein Jahr so bedeutend wie das Jahr 1543. In diesem Jahr veröffentlichte Andreas Vesalius in Basel ein bahnbrechendes Werk über die menschliche Anatomie, das mit den beinahe eineinhalb Jahrtausende alten Irrtümern und falschen Lehrmeinungen von Galen radikal aufräumte. Mit seinem siebenbändigen Werk "De humani corporis fabrica" wurde Vesalius zum unsterblichen Begründer der modernen Anatomie.

Dieses Werk sollte ihm ebenso grenzenlose Bewunderung wie den Neid und die Missgunst der konservativen Anatomen galenscher Prägung einbringen. Mit Vesalius, einem Kämpfer, Paracelsus nicht unähnlich, befreite sich die Medizin von überlieferten Lehrinhalten und starren Traditionen, die ihr Jahrhunderte lang das wahre Bild vom Körperbau des Menschen verstellt hatten.

Andreas Vesalius wird in der Silvesternacht 1514, am Vorabend der Reformation des Martin Luther, in Brüssel geboren. Die Arztfamilie, der er entstammte, kam ursprünglich aus Wesel am Niederrhein. Ihr Name erinnerte noch daran. Die Schule absolvierte er in Löwen, der berühmten Universitätsstadt. An der Universität von Paris begann er mit dem Studium der Medizin. Als Student soll er dort schon - anstelle des sonst zuständigen Barbiers - die Zergliederung von Leichen wiederholt vorgenommen haben. An der Fakultät von Paris galt damals, ebenso selbstverständlich wie an allen anderen Lehrstätten, die anatomische Lehre des Galen von Pergamon. Niemand war zu sehen, der gewagt hätte, daran auch nur zu rütteln. Vesalius, zunächst wohl auch ein Anhänger Galens, begann sehr bald, an dessen uneingeschränkter Autorität zu zweifeln.

Während dieser Studienzeit stahl Vesalius heimlich menschliche Schädel auf Richtstätten und Kirchhöfen und konnte so nachweisen, dass Galens Behauptung, der menschliche Unterkiefer bestünde aus zwei Stücken, absolut falsch ist. Und immer noch sezierte man in dieser Zeit Tiere. Hunde, Schweine, Ziegen, auch Affen und übertrug das so gewonnene Wissen weiterhin auf die Menschen.

Noch zur Zeit des Vesal war es durchaus üblich, dass nicht Professoren selbst sezierten, sondern diese Tätigkeit den in ihren Augen niederen Wundärzten (Chirurgen) überließen und sich selbst auf das Dozieren beschränkten. Aus dieser Zeit heraus ist der drängende, unruhig-forschende Geist von Andreas Vesal zu verstehen. In Paris hatte er bald ausgelernt und kehrt wieder nach Löwen und schließlich in seine Geburtsstadt Brüssel zurück. Dort verwirklicht der junge Forscher ein lang gehegtes Vorhaben: Um ein vollständiges Skelett zu besitzen, stiehlt er eine verweste Leiche unter großen Gefahren von einem Galgenberg.

Nach diesen Studien in der Heimat wandert Vesal weiter nach Italien. Vesalius ist noch nicht 23 Jahre alt, als er am 5. Dezember 1537 an der Universität Padua unmittelbar nach der Promotion zum Professor der Chirurgie und der Anatomie ernannt wird. Unermüdlich begann er nun zu demonstrieren, zu präparieren, aufzuzeichnen, das neue Wissen in Skizzen festzuhalten. Für seine Schüler fertigt er ein Demonstrationsskelett an.

In dieser Zeit, da er mehr und mehr Gelegenheit hat, Leichen zu sezieren, wächst in ihm der Zweifel, und plötzlich gewinnt die Erkenntnis Raum: Galen hat nie eine Leiche selbst seziert. Zu gewaltig, ja unglaublich sind die Irrtümer. Galen ist nicht die große Autorität, für die ihn alle Welt hielt.

Vesal macht sich an die Arbeit. Studiert, vergleicht, schreibt auf - wie ein Besessener. Sein Freund Johann von Kalkar zeichnet die neuen Entdeckungen auf. Es entsteht seine systematische Gesamtdarstellung des menschlichen Körpers. Sieben Bücher soll sie füllen. Die "Fabrica" ist geboren. Im Juni 1543 ist es soweit. Das Werk erscheint in Basel. 663 Seiten stark und mit mehr als dreihundert anatomischen Illustrationen in bisher nicht gekannter Sorgfalt und Genauigkeit ausgestattet, revolutioniert es in wenigen Jahren die gesamte Anatomie.

Quelle: Ärzte, die Geschichte machten, Verlag Hofmann Druck KG, Augsburg

 

Gehört zum Thema: