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Ausschnitt eines alten Stadtplans von Münster aus dem Jahre 1862
 
Straßenschild Ringoldgasse
 
 
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Josef-Suwelack-Weg

Stadtbezirk:Münster-Südost
Statistischer Bezirk: Gremmendorf-Ost
Entstehung: 1936
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Benannt nach Josef Suwelack (*1888 Billerbeck, †1915) Testpilot und Konstrukteur aus der Anfangszeit der deutschen Fliegerei, einer der ersten Flieger des Münsterlandes


Tollkühner Billerbecker in fliegender Kiste

Vor 100 Jahren stellte Josef Suwelack mit der "Rumpler Taube" einen Weltrekord beim Flug mit Passagier auf

Erwartungsvoll steigen 120 Menschen am Flughafen Münster-Osnabrück in ein Flugzeug, um vier Stunden später gut gelaunt auf Fuerteventura zu landen. Wer denkt schon darüber nach, dass vor 100 Jahren ein junger Mann aus Billerbeck auf dem Flugplatz Johannisthal bei Berlin mit einer "Rumpler Taube" und einem Fahrgast an Bord vier Stunden und 34 Minuten in der Luft blieb und damit einen Weltrekord aufstellte? Der junge Mann hieß Josef Suwelack. Sein Name und Rekord gingen damals um die Welt. Anhand des umfangreichen Nachlasses von Josef Suwelack, wohlgeordnet in 16 Archiv- Kartons, sind die Neffen Winfried und Walter Suwelack 1988 zu seinem 100. Geburtstag der Frage nachgegangen. Wer war dieser junge Flugpionier? Als Ältester von zehn Geschwistern wuchs er in Billerbeck auf. Sein Vater Josef leitete die Billerbecker Molkerei. Dort erhielt er nach dem Einjährigen eine Ausbildung, die er dann an der technischen Hochschule Darmstadt vertiefte. Seine Leidenschaft zur Fliegerei offenbarte er 1909 auf dem Tennisplatz in Billerbeck. Im Gespräch mit Freunden ging es um die Gebrüder Wright und andere Flugzeugbauer, die mit ihren ersten Flugversuchen Aufsehen erregten. Josef Suwelack soll gesagt haben: "Was die können, das kann ich auch."

Pioniere in vielen Ländern waren Vorbilder für Suwelack. Ein Modell aus Bambusstäben überzeugte seinen Vater. Mit dessen Erlaubnis baute er in der Billerbecker Schreiner- Werkstatt Kleideiter ein Gleitflugzeug. Josef hatte sich an den Apparaten der Gebrüder Wright ein Vorbild genommen. Das Gleitflugzeug war mit Höhensteuer und Seitenruder versehen. Auch die Starthilfe baute er ein. Dafür wurde das Gleitflugzeug auf eine Holzschiene gesetzt, die mit Seife eingeschmiert war. Auf einem acht Meter hohen Holzturm wurde ein Schmiedeamboss platziert, der über Lenkrollen durch ein Drahtseil mit dem Gleitflugzeug verbunden war. Es war Suwelack klar, dass der Apparat nur fliegen konnte, wenn er die erforderliche Mindestgeschwindigkeit erreichte. Der Amboss fiel zwar vom Turm. Aber der Gleiter bewegte sich nur wenige Meter von der Stelle. Josef entwarf ein neues Gleitflugzeug. Ein Automobil sollte den nötigen Auftrieb geben. Auch dieser Versuch scheiterte. Zwei Pferde sollten mit einem Sprung in den vollen Galopp den Auftrieb geben. Sein Bruder Richard auf dem Wagen führte die Pferde. Zwei Männer hinten auf dem Wagen hielten die Leine mit dem Gleiter. Auf einen Pfiff schwang er die Peitsche, die Pferde bäumten auf und im Galopp ging es los. "He flögg, he flögg!"
Der erste Flug war zwar nur ein kleiner Sprung, aber noch immer fehlte die Geschwindigkeit. Wie ist sie zu erreichen? Im November 1909 entscheidet Suwelack sich für den Kauf eines 25 PS-Motor der Maschinenfabrik Escher in Chemnitz. Aber der Motor ist zu schwach. Ein eigenes Fahrwerk wird konstruiert, um selbstständig starten zu können. Josef Suwelack beschließt, mit seinem Apparat zur Loddenheide nach Münster zu fahren. Auch dort wollte sich das Fliegerglück nicht einstellen. Er machte sich auf den Weg nach Berlin und arbeitete auf dem Flugplatz Johannisthal. In Berlin begann eine Zeit neuer und großartiger Leistungen in der Luftfahrt, an denen Suwelack einen erheblichen Anteil für sich verbuchen kann. Er schließt einen Vertrag mit der Deutschen Flugmaschinen-Bau-Gesellschafft. Am 2. Mai versagte der Motor bei der zweiten Runde über dem Flugplatz Johannisthal. Das Flugzeug stürzte ab und wurde schwer beschädigt, Suwelack blieb unverletzt.
Inzwischen hatte er sich mit Hellmuth Hirth angefreundet. Der Schwur, nie wieder mit Menschen ohne ungeteilte Leidenschaft für die Fliegerei zu arbeiten, sein Kontakt mit Hellmuth Hirth und der trotzige Mut des 19-Jährigen nach dem Motto "jetzt erst recht" sind die Grundlage für die steile Karriere des Josef Suwelack. Edmund Rumpler übernahm die Lizenz für den Nachbau des Apparates des böhmischen Ingenieurs Etrich. Die "Rumpler Taube" wurde zum berühmtesten Flugzeug bis zum ersten Weltkrieg. Suwelack wagt es: Er schließt einen Vertrag mit Rumpler ab, der am 2. August 1911 mit der Pilotenprüfung wirksam wird. Auf der Nationalen Flugwoche 1911 war die Konkurrenz groß. Suwelack liegt mit 16 Minuten in Führung. Am Ende der Flugwoche hatte er auf seiner Rumpler Taube eine Gesamtflugzeit von zwölf Stunden und 13 Minuten erreicht und lag damit hinter der Konkurrenz mit 13 Stunden und 46 Minuten. Die Weltpresse berichtet von Suwelacks hervorragenden Ergebnissen. Flugzeugfabriken bieten ihm hoch dotierte Positionen an. Ihn zieht es zurück ins Münsterland. Am 24. Oktober 1911 ist Flugtag in Münster. Er wird begeistert empfangen. Von vier Piloten ließen sich nur Witte und Suwelack vom starken Wind nicht abhalten. Sie starteten kurz hintereinander. Der Wright-Apparat zog bis 150 Meter hoch. Die Rumpler Taube war bereits in 300 Meter Höhe davon geflogen. Suwelack erreichte mit einem Tempo von 120 Kilometern das Flugfeld. Witte landete nach der vorgeschriebene Flugzeit von 20 Minuten auf einem Acker. Wo aber war Josef Suwelack mit seiner Rumpler Taube geblieben? Dann traf die Nachricht ein: Suwelack habe soeben die Türme des Billerbecker Domes umkreist und befinde sich auf dem Rückweg. Er landete nach einer Flugzeit von einer Stunde und fünf Minuten zur großen Freude und Erleichterung bei Eltern und Zuschauern in Loddenheide. Vor 100 Jahren, am 8. Dezember 1911, erreichte Josef Suwelack den "Dauer-Weltrekord mit Passagier" in vier Stunden und 34 Minuten. Diesen Rekord hat er mehrere Jahre gehalten. Deutschland wird vom Flugfieber geschüttelt. Kommerzienrat Goldschmidt und Ernst August Schröder fassten den Plan, eine Flugzeugfabrik zu bauen und glaubten in Suwelack den geeigneten Mann gefunden zu haben. 1912 entstanden die Kondor-Flugzeugwerke auf dem Gelsenkirchener Flugplatz, und Josef wird zum Direktor ernannt. Trotz seines Vertrages mit einer Konkurrenzklausel arbeitete er bereits an einem Kondor und kurz darauf war die Maschine fertig. Ende 1912 machte er die ersten Flüge mit dem Kondor. Die Kondorwerke hatten in Spanien zur Goldschmidt AG gute Beziehungen und einen Auftrag über 300 Maschinen, die aber nur in Spanien gebaut werden durften. 1914 fand Suwelack eine Bootswerft, in der die Fabrikation aufgenommen werden konnte.

In den ersten Augusttagen 1914 begann der Erste Weltkrieg. Josef musste am ersten Mobilmachungstag nach Dresden und rückte am 15. August mit der Feldfliegerabteilung 24 an die Westfront. Vom 03. August 1914 bis zu seinem Tod schildert Josef in 95 Briefen seine Kriegserlebnisse. Am 4. September landet Suwelack als erster Flieger in Reims. Die Sorgen seiner Familie zerstreute er: "Wir fliegen immer über dem Feind in 2000 Metern Höhe und da reicht keiner herauf. Also seid ganz beruhigt, ich fliege mit Gott und dem festen Vertrauen auf mich." Am 5. September 1915 bittet er seine Eltern: "Sendet mir bitte ein kleines, dünnes Gebetbuch, wo Messe, Beichte, Kommunion, Kreuzweg usw. drin ist." Er schreibt am Sonntag, 12. September 1915, einen Abschiedsbrief. Suwelack gibt ihn seinem Hauptmann mit der Bitte, ihn an die Eltern zu schicken, wenn der Tod ihn ereile. Er stirbt am 13. September 1915. Die Nachrichten über seinen Tod sind widersprüchlich. Die französische Zeitung Le Matin schreibt am Donnerstag, 16. September 1915: "Nach einem sehr heftigen Luftkampf ist heute Morgen ein deutsches Flugzeug von einem englischen Flugzeug heruntergeholt worden, die beiden Insassen sind getötet. (...) Wasser- und Benzinbehälter sollen von Kugeln getroffen worden sein. Die beiden Insassen waren sofort tot."

Die Nachricht der englischen Luftwaffe lautet: "Anbei einige der persönlichen Effekten des Piloten und des Beobachters, die vor einigen Tagen in der Nähe von Steenwerck gefallen sind. Sie wurden auf der östlichen Seite des Dorfes Erquinghem sur Lys beerdigt. Gez. A.C.J. Dowding, Major." Im Mai 1999 schreibt Biograf Winfried Suwelack für das Jahrbuch Westfalen 2000: "Vieles spricht dafür, dass unser Onkel und sein Beobachter Leutnant Oskar Teichmann nach ihrer Landung hinter den britischen Linien von vorbeikommenden Soldaten erschossen wurden. Dies berichtet jedenfalls der britische Kommandeur der 16. Fliegerstaffel, Major Dowding." In dem Buch "Der vergessene Sieger", Lübbe Verlag 1970, berichtet Robert Wright, Major Dowding sei über diese kaltblütige Hinrichtung deutscher Flieger "noch heute zornig". Der britische Luftkämpfer diktierte seinem Biografen in die Feder: "Ich holte ihre persönlichen Sachen ab und ließ sie mit einem improvisierten Fallschirm hinter der Front abwerfen, zusammen mit der Mitteilung wo die zwei Flieger beerdigt wurden." Am 14. September 1915 schreibt Suwelacks Hauptmann Barth an den Vater, dass er glaube, Suwelack und Teichmann seien vermisst, hoffe aber, dass sie noch lebten. Suwelack sei gestern früh mit Leutnant Teichmann zu einem Flug über den Feind gestartet. "Er hat sich dort wacker ein- oder zweimal mit feindlichen Flugzeugen herum geschossen und dann ist - nach übereinstimmenden Meldungen von zahlreichen Beobachtungsstellen - auch das deutsche Flugzeug im Gleitflug ca. 12 Kilometer hinter der feindlichen Front niedergegangen. Das ist alles, was wir vorläufig wissen."

Doch die Hoffnung der Familie wird zerstört, als wenige Tage später mit der am 17. September 1915 datierten Nachricht des Hauptmanns Barth bestätigt wird: "Leider ist unser aller Hoffnung (...) jäh zunichte gemacht worden. Die beiden braven Menschen und Soldaten sind nicht mehr. Englische Flieger haben die Nachricht hier abgeworfen; ein Franzose hat sie übersetzt und ohne Namen an das Gouvernement geschickt. Ich übergebe Ihnen noch den letzten Brief Ihres braven Sohnes - seinem Wunsch gemäß."

Autorin: Elke Seul
Quelle: Westfälische Nachrichten, Auf Roter Erde, Januar 2012.

In Gremmendorf-Ost gibt es neun Gebiete mit Straßennamen aus dem Themenbereich Jagdflieger und Piloten. Die Namen haben einen örtlichen Bezug zum Fliegerhorst Loddenheide bzw. Luftnachrichtenkaserne in Gremmendorf, Albersloher Weg 450. Es sind die Straßennamen
Boelckeweg, Fitzmauriceweg, Gustav-Tweer-Weg, Josef-Suwelack-Weg, Köhlweg, Lilienthalweg, Lindberghweg, Paul-Engelhard-Weg und Von-Hünefeld-Weg.

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