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Ausschnitt eines alten Stadtplans von Münster aus dem Jahre 1862
 
Straßenschild Ringoldgasse
 
 
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Tannenbergstraße

Stadtbezirk:Münster-Mitte
Statistischer Bezirk: Kreuz
Entstehung: 1939
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Im Jahre 1939 benannte man diese Straße nach der Schlacht bei Tannenberg im Ersten Weltkrieg, in der die russische 2. Armee, die Narew-Armee, vernichtend geschlagen wurde.
Quelle: Wilhelm Kohl in: Münstersche Zeitung, 1957

Innerhalb von neun Tagen, vom 23.-31. August 1914, kamen bei den Kämpfen 33.000 Soldaten auf russischer und deutscher Seite ums Leben.

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Das Straßennamenschild

Am 8. Dezember 2020 beantragte die Bezirksvertretung Münster-Mitte (BV Mitte) einen umfassenden Bericht über die Überprüfung von Straßennamen, die in den Jahren von 1933 bis 1945 entstanden sind. Anders als bei älteren Überprüfungen ging es dabei nicht mehr um Personen, die in der Zeit des Nationalsozialismus lebten, sondern um die Frage, ob die NS-Ideologie in den Straßenbenennungen sichtbar würde.

Der Bericht war am 3. November 2021 durch Dr. Alexander J. Schwitanski mit Mitarbeit von Hannah K. Ruff fertiggestellt und wurde am 18. Januar 2022 der Bezirksvertretung Mitte vorgelegt.

Zitat aus dem Gutachten der Bezirksvertretung Münster-Mitte 2021:
„Tannenberg, […] ist ein Ort in Masuren, der heute zu Polen gehört. 1410 war Tannenberg Schauplatz einer Schlacht zwischen dem Deutschen Orden auf der einen und dem in Personalunion verbundenen Königreich Polen und dem Großfürstentum Litauen auf der anderen Seite. In dieser Schlacht wurde der Deutsche Orden empfindlich geschlagen. […]

Als im August 1914 russische Truppen unerwartet rasch auf das Gebiet des Deutschen Reichs vorrückten und Masuren besetzten, gelang es der deutschen 8. Armee unter Kommandeuren Ludendorf und Hindenburg die russische Armee zu umfassen und zu vernichten. […] Die Schlacht wurde von Anfang an propagandistisch aus- und aufgewertet. Sie galt als „eine der größten Einkreisungsschlachten der Weltgeschichte“ und stellte einen für die deutsche Propaganda dringend benötigten Gegenmythos zu den verlustreichen Materialschlachten an der Westfront dar. […]

Auch die Nationalsozialisten benutzten den Mythos Tannenberg, um an der Popularität Hindenburgs zu partizipieren. Hitler nahm selbst an den Tannenbergfeiern teil, bei denen quasi ein „Sakraltransfer“ von Hindenburg auf Hitler vollzogen wurde. Nach dem Tod Hindenburgs wurde das Denkmal in Tannenberg um eine pompöse Grabstätte für Hindenburg erweitert. […] Der Tannenbergmythos verlor für den Nationalsozialismus an propagandistischem Wert, jedoch bestand 1940 noch ein Führerhauptquartier im Schwarzwald unter dem Namen Tannenberg.

Die Straße hätte in Münster bereits 1947 in Ausführung der Kontrollratsdirektive 30 zusammen mit der Admiral-Scheer-Straße, der Admiral-Spee-Straße, dem Alfred-Krupp-Weg, der Ostmarkstraße, dem Fehrbellinweg, der Manfred-von-Richthofen-Straße., der Otto-Weddigen-Straße, der Skagerrakstraße und der Langemarckstraße umbenannt werden sollen.

In Westfalen wurden zwischen 1933 und 1940 nach Tannenberg achtzehnmal Straßen oder Plätze benannt. Mit Ausnahme von Münster und Olpe wurde der Name nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs überall geändert.“

Das Gutachten im Auftrag der BV Mitte sieht einen dichten Bezug zur NS-Ideologie, woraus der Wunsch resultierte die Tannenbergstraße umzubenennen.

In der Sitzung der BV Mitte am 24. Januar 2023 wurden zwei Anträge zur Umbenennung von insgesamt zehn Straßen vorgelegt. Der Antrag zur Umbenennung weiterer Straßennamen (A-M/0002/2023) von den Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD sowie dem Einzelvertreter von Volt, welcher unter anderem die Umbenennung der Tannenbergstraße forderte, wurde mehrheitlich angenommen. Von der Umbenennung der Tannenbergstraße wären rund 175 Anwohnende betroffen. Die Verwaltung wurde beauftragt, die Anwohnenden und Eigentümer*innen zu einer Bürgerveranstaltung in der näheren räumlichen Umgebung einzuladen.

Die Stadtverwaltung nahm nach dem Beschluss der Leitlinien für Ehrungen im öffentlichen Raum am 11. September 2024 die Verfahren zu den Straßenumbenennungen in den Stadtbezirken wieder auf. Im Bezirk Münster-Mitte wurden die Anwohnenden und Eigentümer*innen zu einer Bürgerinformationsveranstaltung im Januar 2025 eingeladen. Zeitgleich fand eine digitale Anhörung zu der beabsichtigten Umbenennung statt.

Die Mehrheit der Veranstaltungsteilnehme*rinnen sowie der überwiegende Teil der Äußerungen im Anhörungsverfahren lehnten eine Umbenennung der Straße ab. Außerdem wurde am 18. März 2025 eine Petition bei der BV Mitte und der Verwaltung eingereicht, die das Beibehalten der Straßennamen in Münster-Mitte mit knapp 1600 Unterschriften forderte.

Nach den Leitlinien ist, durch den dichten Bezug zur NS-Ideologie, eine Umbenennung der Straße zulässig. Gleichwohl sollte eine Umbenennung auf unabwendbare Fälle beschränkt sein (s. letzter Satz der Einleitung zu den Leitlinien) und gem. Ziffer 8 der Leitlinien (Abschnitt Benennung von Straßen und öffentlicher Infrastruktur) eine Ausnahme darstellen.

Die Verwaltung empfahl mit Verweis auf die Ausnahmeregelung und die Belange der Anliegenden und Gewerbetreibenden (für die durch eine Umbenennung ein großer Aufwand entstünde) die Beibehaltung des Namens Tannenbergstraße. Die Bezirksvertretung Münster-Mitte entschied in der Sitzung vom 6. Mai 2025, die Straße nicht umzubenennen.

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