August Dacke

Illustration: August Dacke

August Dacke 1900-1974

 

"Durch sein Verhalten, das wiederholt die Polizei und die Staatsanwaltschaft zum Eingreifen gezwungen hat, hat Dacke gezeigt, daß er nicht würdig ist, einen akademischen Titel zu tragen. Der zuständige Ausschuß der Universität hat daher […] dem August Dacke […] die Doktor-Würde aberkannt."

Aus dem Bescheid der Universität Erlangen, Mai 1940 (Archiv der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, C 2/3, Nr. 6823).

August Dacke wird am 8. September 1900 als Sohn eines Schlachters in Meppen geboren. Im Alter von fünf Jahren zieht er mit seiner Familie nach Münster, wo der Vater unweit des Schlosses eine Metzgerei eröffnet. Nach Abschluss der Elementarschule besucht August Dacke das Gymnasium und legt seine Reifeprüfung ab. Er schlägt eine akademische Laufbahn ein und studiert ab 1922 Jura an der Universität Münster. 1930 besteht er die erste juristische Prüfung und wird zum Referendar ernannt, 1933 folgt an der Universität Erlangen seine Promotion zum Dr. iuris utriusque (Doktor staatlicher und kirchlicher Rechtswissenschaften).

Eines akademischen Titels "nicht würdig"

Im Mai 1940 entzieht die Universität Erlangen August Dacke jedoch die Doktorwürde wieder. Er habe sich als "nicht würdig" erwiesen, "einen akademischen Titel zu tragen", so die Begründung. Zu diesem Zeitpunkt befindet er sich in Haft. Das Landgericht Münster hatte ihn im März zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt, nachdem es ihn für schuldig befunden hatte, einen Mann unter 21 Jahren dazu "verführt" zu haben, "mit ihm Unzucht zu treiben", wie es unter Paragraph 175 a Strafgesetzbuch heißt. Schon zweimal war August Dacke zuvor wegen "Unzucht mit Männern" sowie wegen "Erregung öffentlichen Ärgernisses" zu mehrmonatigen Gefängnisstrafen verurteilt worden. Nach Verbüßung seiner Haftstrafe kehrt er in sein Elternhaus nach Münster zurück.

Erneute Vorwürfe nach Kriegsende

1943 heiratet August Dacke. Wenige Tage zuvor hatte seine Verlobte einen Sohn zur Welt gebracht. Nach dem Krieg macht sich August Dacke als Wirtschaftsprüfer selbstständig. Trotz Aberkennung führt er dabei den Doktortitel. Seine Ehe wird 1949 geschieden, die Selbstständigkeit gibt er kurze Zeit später auf.

An einem Abend im Sommer 1953 wird August Dacke in seiner Wohnung verhaftet. Nachbarn hatten ihn durch ein Fenster bei intimen Handlungen mit einem jungen Mann beobachtet und die Polizei gerufen. Es sei ihnen schon immer aufgefallen, dass August Dacke häufig junge Männer mit in seine Wohnung nehme. Mit ihm könne "etwas nicht stimmen", so die Zeugen vor dem Schöffengericht. August Dacke streitet die Vorwürfe zwar ab, dennoch wird er verurteilt: Sieben Monate Gefängnis, lautet das Strafmaß – zwei Monate mehr als von der Staatsanwaltschaft beantragt.

„Bei der Strafzumessung war zunächst erschwerend für den Angeklagten [...] zu berücksichtigen, daß er einschlägig bereits dreimal [...] vorbestraft war.“

Aus dem Urteil des Schöffengerichts Münster, November 1953 (Landesarchiv NRW, Abteilung Westfalen, Q 225, Nr. 1450).

Leben in prekären Verhältnissen

1955 aus der Haft entlassen, wohnt August Dacke drei Jahre lang in einer Gastwirtschaft und zieht dann in ein Nothotel um. Ein knappes Jahr später findet er eine Unterkunft im Stadtteil Berg Fidel. Seinen Lebensunterhalt bestreitet er vermutlich mit Sozialhilfe sowie Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten. 1960 zieht er in das Haus, das inzwischen auf dem Grundstück seines im Krieg zerstörten Elternhauses errichtet worden ist und wohnt dort vier Jahre lang Tür an Tür mit seinem älteren Bruder. Das Adressbuch der Stadt Münster führt ihn in dieser Zeit als Buchprüfer. Doch bereits 1964 zieht August in ein Zimmer in der Sternstraße um.

Anfang 1967 wendet sich seine Vermieterin an das städtische Gesundheitsamt: "Herr Dacke sei seit längerer Zeit dem Trunke verfallen" und "huste […] so komisch", teilt sie mit. "Außerdem liege er mit Männern zusammen". Er "führe kein ordentliches Leben".

Die letzten Lebensjahre von August Dacke sind geprägt von schwerer Krankheit und prekären wirtschaftlichen Verhältnissen. Am 3. August 1974 stirbt er im Alter von 74 Jahren im Evangelischen Krankenhaus Johannisstift in Münster.