Friedrich Lütteke

Illustration: Friedrich Lütteke

Friedrich Lütteke 1920-1966

 

"Ich bin der Sohn des Friedrich Lütteke und der Helene Lütteke geb. Wagner. Letztere […] wurde […] aus rassistischen Gründen von den Nazis verfolgt. Ich wohnte zunächst mit meiner Mutter, […], zusammen mit meinen vier Geschwistern. Bis 1943 war ich Soldat und Frontkämpfer. Dann wurde ich aus rassistischen Gründen bei der Wehrmacht entlassen, anschliessend in der Hüfferstiftung in Münster sterilisiert."

Aus den Erläuterungen Friedrich Lüttekes zu seinem Antrag auf Entschädigung, Mai 1957 (Landesarchiv NRW, Abteilung Westfalen, K 204, Nr. 5705).

Friedrich Lütteke wird am 8. Februar 1920 in Aschendorf bei Papenburg geboren. Einen Großteil seiner Kindheit verbringt er mit seiner Familie auf Reisen. Als Schausteller ist sein Vater von Frühling bis Herbst mit seinem Wohnwagengespann im Land unterwegs. Ab 1930 hat die Familie ihr Winterquartier in Münster. Als 1933 der Vater stirbt, bleibt seine Familie mittellos zurück.

Alleine ist die Mutter nicht dazu in der Lage, für sich und ihre vier minderjährigen Söhne zu sorgen. Im Folgejahr ordnet das Vormundschaftsgericht die Unterbringung Friedrich Lüttekes und seiner Brüder zur Fürsorgeerziehung an. Anders als seine Geschwister muss Friedrich Lütteke aber nicht ins Heim und kommt bei Verwandten unter.

"Entlassen wegen irrtümlicher Einstellung"

Ende 1940 wird Friedrich Lütteke zum Kriegsdienst eingezogen, 1942 jedoch trotz guter Beurteilungen seiner Vorgesetzten "wegen irrtümlicher Einstellung" aus der Wehrmacht entlassen. Da seine Mutter als Angehörige einer "artfremden Rasse" und er selbst somit als "Mischling" gilt, ist er zur Ableistung des aktiven Wehrdienstes angeblich ungeeignet. Zurück in Münster wohnt Friedrich Lütteke im Überwasserviertel. Bei einer Münsteraner Firma arbeitet er als Kraftfahrer. Indessen wird er überwacht. Seine schwangere Verlobte Sofia darf er aus rassepolitischen Gründen nicht heiraten.

Am 9. März 1943 führt die Polizei im Überwasserviertel eine Razzia durch. Sie nimmt mehr als 20 Personen fest und bringt sie in das Polizeigefängnis am Syndikatsplatz. Auch Friedrich Lüttekes Mutter sowie vier seiner inzwischen fünf Brüder werden verhaftet. Wenige Tage später werden sie mit dem Zug in Richtung Osten deportiert. Friedrich Lütteke bleibt als ehemaliger Kriegsteilnehmer zunächst verschont.

Angst vor der Deportation

Kurze Zeit später aber wird er von der Polizei dazu aufgefordert, sich "unfruchtbar machen" zu lassen. Andernfalls, so heißt es, müsse er mit der Einweisung in ein Konzentrationslager rechnen. Aus Furcht unterzieht sich Friedrich Lütteke der Operation. Als er im Herbst 1944 dennoch eine polizeiliche Vorladung erhält, befürchtet er, nun auch festgenommen und deportiert zu werden. Er taucht unter und hält sich bis Kriegsende versteckt.

Lediglich sein Bruder Josef, der im März 1943 mit seiner Mutter Helene und seinen Brüdern Ortwin, Theodor und August verschleppt worden war, überlebt das Vernichtungslager von Auschwitz-Birkenau. Sein Bruder Kaspar war in den letzten Kriegstagen als Soldat gefallen.

Langer Kampf um Entschädigung

Mehr schlecht als recht gelingt es Friedrich Lütteke nach dem Krieg, sich als Schausteller und Altwarenhändler über Wasser zu halten. Ab Mitte der 1950er Jahre kämpft er gemeinsam mit seinem Bruder Josef um eine Entschädigung.

Obwohl Friedrich Lüttekes Verfolgung durch das nationalsozialistische Regime unzweifelhaft ist, dauert es fast zehn Jahre, bis er entschädigt wird. Am 8. Januar 1966 stirbt er an den Folgen eines Magenleidens in seiner Wohnung in Münster-Coerde.