Maria Elsner

Illustration: Maria Elsner

Maria Elsner 1856-1943

 

"Da ich nun unseres Geschäfts wegen nicht in der Lage war, meine Mutter dauernd zu beaufsichtigen & sie nicht mehr allein bleiben konnte, war ich gezwungen, meine Mutter in die hiesige Heil & Pflegeanstalt zu geben. [...] Als Mutter noch hier war, habe ich sie jeden Monat besucht."

Aus einem Brief der Tochter an die Leitung der Heilanstalt Hadamar, Oktober 1943 (Archiv Landeswohlfahrtsverband Hessen, K 12, Nr. 4645).

Maria Freudiger wird am 2. April 1856 in Schlesien als Tochter eines Briefträgers geboren. Sie wird evangelisch getauft und besucht von 1862 bis 1870 die Volksschule. 1879 heiratet sie den Schneidermeister Joseph Elsner. Aus der Ehe gehen zwei Töchter hervor. Nach dem Tod ihres Mannes kommt Maria Elsner spätestens 1933 nach Münster. Ihr Bruder war hier viele Jahre als Hotelier tätig und hatte noch kurz vor seinem Tod den Bau des später sehr bekannten Stadthotel Freudiger in Auftrag gegeben. Auch eine ihrer Töchter lebt mit ihrem Mann und ihren Kindern in Münster. Bei dieser findet Maria Elsner Unterkunft.

Einweisung in die Provinzialheilanstalt Münster

Bis auf ein Hüftleiden, das ihr infolge eines Unfalls das Gehen erschwert, ist Maria Elsner bei ihrer Ankunft in Münster körperlich wie geistig guter Gesundheit. Doch seit dem Beginn der Luftangriffe auf Münster zeigt sie laut ihrer Tochter zunehmend Gedächtnislücken, verliert des Öfteren die Orientierung, hat Stimmungsschwankungen. Auch körperlich baut sie zusehends ab. Da Maria Elsners Tochter die Pflege und Beaufsichtigung ihrer Mutter nicht mehr leisten kann, wendet sie sich Anfang 1942 an den Bezirksfürsorgeverband, der wenig später Maria Elsners Pflegebedürftigkeit feststellt.

Einen Tag vor ihrem 86. Geburtstag wird Maria Elsner in die Provinzialheilanstalt Münster aufgenommen. Nach anfänglichen Problemen, gewöhnt sie sich rasch an ihre neue Umgebung. Regelmäßig erhält sie Besuch von ihrer Tochter. Bis auf gewöhnliche körperliche Alterserscheinungen bleibt ihr gesundheitlicher Zustand verhältnismäßig stabil.

Fortgeschafft und verscharrt

Mitte 1943 wird die Provinzialheilanstalt Münster aus Kriegsgründen teilgeräumt. Mehr als 450, überwiegend arbeitsunfähige Patientinnen und Patienten werden mit Sammeltransporten in hessische Anstalten verbracht. Maria Elsner wird in die Heilanstalt Scheuern bei Nassau an der Lahn überführt, wo sie allerdings nur drei Monate bleibt. Bereits Ende September wird sie in die nahegelegene Landesheilanstalt Hadamar bei Limburg weiterverlegt.

Am 11. Oktober 1943, keine zwei Wochen nach ihrer Ankunft in Hadamar, stirbt Maria Elsner dort im Alter von 87 Jahren – laut Krankenakte an Altersschwäche.

Falsches Vertrauen in die Pflege

Per Telegramm vom Tode ihrer Mutter in Kenntnis gesetzt, entschuldigt sich Maria Elsners Tochter bei der Anstaltsleitung, nicht an der Beisetzung ihrer Mutter teilnehmen zu können. Sie bittet darum, ihre Mutter "in aller Stille" beisetzen zu lassen und Blumenkränze für das Grab zu besorgen. Dass ihre Mutter eine von über 4.000 Pflegebedürftigen ist, die zwischen 1942 und 1945 in Hadamar durch Vernachlässigung, systematische Unterernährung und überdosierte Medikamente ermordet werden, ahnt sie nicht. Voller Vertrauen in die Rechtschaffenheit der Anstalt begleicht sie die ihr in Rechnung gestellten Beerdigungskosten.

Den Leichnam Maria Elsners lässt man indessen auf dem Anstaltsfriedhof in einem schmucklosen Massengrab verscharren.