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"Call & Cam"-Ausflug zu Geschichts- und Gedenkorten
Geschichte digital er-fahren: Ein Zeichen für "bunt statt braun"
Bunt statt braun: Stefan Querl berichtete auch über seinen Erinnerungspaten Hans Kaufmann, dessen Wohnhaus im Hintergrund zu sehen ist.
Zu einer offenen Geschichtstour per Fahrrad hatten der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC), die Villa ten Hompel und die Vereinigung Gegen Vergessen - Für Demokratie (GVFD) im Münsterland für den Abend des 20. April eigentlich geladen. Gewidmet war die Veranstaltung den Verfolgten und Opfern des Terror-Regimes und der nationalsozialistischen Verfolgung: An dem Abend, an dem sich die Geburt von Adolf Hitler 1889 jährte, sollte Hitler auf keinen Fall das letzte Wort haben. Sonnenschein und frühlingshafte Temperaturen hätten für die öffentliche Radtour auch die besten Voraussetzungen geboten. Als große Gruppe war das Unterwegssein und Radeln aus Gründen des Infektionsschutzes leider nicht möglich, und so wanderte das Angebot stattdessen ins Digitale.
Bei bestem Wetter zogen dafür Teamende der Villa ten Hompel und der parteiübergreifend aktiven Regionalgruppe von Gegen Vergessen - Für Demokratie auf ihren Rädern los, um die passenden Bilder zu dem Vortrag von Stefan Querl zu liefern, der aus der „Villa-Zentrale“ heraus zu den angefahrenen Stationen, zu Denkmälern und Gebäuden referierte und vor allem von Menschen berichtete, die während der NS-Zeit in Münster lebten, Verfolgung erlitten oder dem Terror-Regime entkommen konnten und überlebten.
So erzählte Querl zum Einstieg von Hans Kaufmann, einem jüdischen Verfolgten und letzten Zeitzeugen der Pogromnacht in Münster, der diese als Teenager miterlebte und 2016 verstarb. Als Erinnerungspate trägt Stefan Querl seine Geschichte weiter, z.B. an Schulen. Am Sankt-Galen-Denkmal setzten sich die Teilnehmenden des „Call & Cam“-Ausflugs intensiv mit dem Kranken- und Behindertenmord und den Predigten von Galen von 1941 auseinander, diskutierten am Train-Denkmal über die Erinnerung an die im „Heldentod“ gefallenen Soldaten und die Kolonialgeschichte Deutschlands, die Christine Bader, Studentin und Praktikantin im Geschichtsort, ausführte, und erkundeten am ehemaligen Polizeigebäude in der Gutenbergstraße, am Hochbunker an der Lazarettstraße und dem Mensa-Gebäude am Aasee die Geschichte Münsters.
Bei allem Ernst des Themas hatten die Teilnehmenden – „Alteingesessene“ Münsteraner und Neubürger, vom 15-Jährigen Schüler, bis zur geschichtsinteressierten Politikern und einem radbegeisterten Polizeibeamten – jede Menge Spaß und Fragen. Daran änderten auch die wenigen technischen Wackler nichts, denn die gibt es beim richtigen Radfahren ja schließlich auch!
Dennoch sind die Hoffnungen groß, dass die im nächsten Jahr geplante Geschichtstour am 20. April in Präsenz stattfinden kann und wieder alle gemeinsam losradeln können.