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Gallery Walk "Den Tätern auf der Spur"
Polizeiliche NS-Verbrechensorte in Polen
Kein anderer Ort steht im öffentlichen Gedächtnis so sehr für den Völkermord an den europäischen Jüdinnen*Juden wie das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz im Süden Polens. Aber haben Sie von Orten wie Józefów, Majdanek oder Zamość gehört? Auch bei diesen handelt es sich um Tatorte des Holocaust. Es sind Orte, an denen gewöhnliche deutsche Polizisten zu Mördern wurden.
Befehligt wurden sie auch aus der Villa ten Hompel als damaligem Sitz des Befehlshabers der Ordnungspolizei im Wehrkreis VI zwischen 1940 und 1944. Als Angehörige von Polizeibataillonen bewachten Polizisten Lager, eskortierten Deportationszüge und nahmen an Erschießungen teil. Immer unter dem Vorwand, die von der Wehrmacht eroberten Gebiete zu „sichern“ und „für Ordnung zu sorgen“. In der deutschen Erinnerungskultur sind diese Verbrechenskomplexe jedoch nur unzureichend verankert. Der Gallery Walk verfolgt daher die Spuren der Verbrechen von Ordnungspolizisten – ausgehend von den Schreibtischtätern in der Villa ten Hompel hin zu den Erschießungsorten, Ghettos und Mordlagern der Vergangenheit.
Beispielhaft werden Geschehnisse an den einzelnen Orten beschrieben und gezeigt, auf welche Weise „ganz normale Polizisten“ zu Tätern wurden. Viele der Tatorte in Polen – insbesondere große Städte wie Lublin, Warschau oder Białystok – zeichneten sich vor der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg durch einen hohen Anteil jüdischer Einwohner*innen aus, mit einem blühenden kulturellen, religiösen und wirtschaftlichen Leben. Doch kaum etwas zeugt heute noch von dieser Vielfalt.
Die Idee zur Ausstellung entstand bei Reisen zu den Täterorten: Vor Ort wurde den Teilnehmenden bewusst, dass viele dieser Orte und die mit ihnen verbundenen Verbrechen im öffentlichen Gedenken kaum eine Rolle spielen. Die Stiftung EVZ förderte im Programm „Jugend erinnert“ 2021 und 2022 zwei Reisen junger Polizist*innen aus ganz Deutschland nach Warschau, Lublin, Zamość, Belzec, Józefów und Sobibor. Im Austausch mit polnischen Polizist*innen lernten sie auch erinnerungskulturelle Hintergründe kennen. In einem von der Landeszentrale für politische Bildung NRW geförderten Projekt erprobten Multiplikator*innen anlässlich des 80. Jahrestages des Massakers von Białystok vor Ort eine didaktische Mappe über Handlungs- und Entscheidungsräume der Täter und Beteiligten. Lehrkräfte, Gedenkstättenmitarbeitende und Polizist*innen reisten dazu im Mai 2022 nach Warschau, Białystok und weiteren Verbrechensorten im Nordosten Polens.
Die Ausstellung wird am Sonntag, 29. Januar, um 14 Uhr eröffnet. Philipp Heck, Hamburger Polizist und Teilnehmer einer der Bildungsreisen, und Kim Sommerer, pädagogisch-wissenschaftliche Mitarbeiterin der Villa ten Hompel und Co-Kuratorin der Ausstellung, sprechen über die Reisen, die historischen Verbrechen und gegenwärtige Erinnerung an die Taten, Verfolgten und Ermordeten. Moderation: Thomas Köhler. Im Anschluss kann die Ausstellung am Außenzaun der Villa ten Hompel erkundet werden.