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Lesbische Unsichtbarkeiten
Vortrag von Dr. Julia Paulus über Ausgrenzung und Verfolgungsräume

Dr. Julia Paulus
Am Weltfrauentag am 8. März thematisierte Dr. Julia Paulus, LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte, im Gespräch mit Stefan Querl, stellvertretender Leiter der Villa ten Hompel, warum auch heute noch so wenig über die Verfolgung und Ausgrenzung von lesbischen Frauen geredet wird.
Einer der Gründe für die Unsichtbarkeit lesbischer Verfolgung sei die Tatsache, dass es für Homosexualität unter Frauen keinen offiziellen Straftatbestand gab. §175, der 1871 eingeführt und erst 1994 vollständig gestrichen wurde, erklärte nur sexuelle Handlungen unter Männern als rechtswidrig. Trotzdem erfuhren lesbische Frauen Diskriminierung, Ausgrenzung und Verfolgung, so Dr. Paulus. Zur Zeit des Nationalsozialismus sei dies meist unter dem „Vorwurf“ der Asozialität geschehen.
Lange Zeit war es für Frauen bereits höchst unsicher, unabhängig von einem Mann ‚alleinstehend‘ zu leben und erwerbstätig zu sein; ungleich schwieriger gestaltete sich dementsprechend das Leben von frauenliebenden Frauen. Kontakte untereinander fanden deshalb in der Regel meist privat oder im Geheimen statt. Und aufgrund der anhaltenden Stigmatisierung trauten sich die meisten Opfer dieser Diskriminierung nicht, von ihren Geschichten zu erzählen.
Es sei einfach, nicht über Verfolgung und Ausgrenzung von homosexuellen Frauen zu reden – nur wenige Opfer waren geoutet, und Homosexualität wurde nie explizit als Grund der Verfolgung genannt. So wird noch immer darum gestritten, ob Lesben überhaupt systematisch verfolgt wurden.
Nun ist es endlich an der Zeit, das Schweigen zu brechen!
Text: Sophie Nazarevych