Seiteninhalt
Diskussionen und Vorträge in der "Villa"
Ein Rückblick auf die öffentlichen Veranstaltungen im Juni 2022

Forum am Donnerstag mit Joachim Käppner
Kontinuitäten von Rassismus aufzeigen, Präsenz erzeugen, Betroffenenperspektiven einen Raum geben
Am 15. Juni konnten Interessierte sowohl in der Villa ten Hompel als auch online zugeschaltet das letzte Mittwochsgespräch vor der Sommerpause mit Kemal Bozay, Orhan Mangitay und Serpil Güner, moderiert von Peter Römer, verfolgen. Von Beleidigungen, verhinderten Chancen bis hin zu Gewalt – die Rednerinnen und Redner sprachen über die unterschiedlichsten Erscheinungsformen von Rassismus, präsentierten und teilten persönliche Rassismuserfahrungen und lasen für das Publikum Passagen aus dem von ihnen mitherausgegebenen Sammelband „Damit wir atmen können – Migrantische Stimmen zu Rassismus, rassistischer Gewalt und Gegenwehr“.
Kemal Bozay, Orhan Mangitay und Serpil Güner erläuterten anhand ihrer Aufsätze Formen und Ursachen von Rassismus und sprachen über nötige Konsequenzen sowie Handlungsstrategien zur Gegenwehr. Sie setzten dabei verschiedene thematische Schwerpunkte, die von einem sensiblen Sprachgebrauch und der Problematik eines Überfremdungstopos hin zu Rassismus in pädagogischen Kontexten, wie Schule und Universität, bis hin zu Themen der Erinnerungskultur und der Frage nach politischer Sozialisation reichten. In Zwischenfragerunden sowie einer Abschlussdiskussion wurde dem Publikum im Laufe des Abends die Chance gegeben, in einen Austausch mit den vortragenden Gästen zu treten. Hierbei wurde sich angeregt über Vorschläge zur Veränderung des Bildungssystems, Ideen bezüglich erinnerungskultureller Umsetzungsformen und vielem mehr ausgetauscht.
Über die Strafdivision 999
Soldaten im Widerstand – dieses Thema stand beim Forum am Donnerstag am 9. Juni im Mittelpunkt. Zu Gast war Dr. Joachim Käppner, Redakteur und Autor der Süddeutschen Zeitung. Der promovierte Historiker, der sich in seiner Forschung unter anderem auf militärische Themen fokussiert, stellte im Rahmen des Donnerstagsgesprächs seine neuste Veröffentlichung „Soldaten im Widerstand. Die Strafdivision 999 – 1945 bis 1945“ vor. Thomas Köhler, pädagogisch-wissenschaftlicher Mitarbeiter der Villa ten Hompel, leitete moderierend durch den Abend, das Publikum konnte thematische Ausführungen, kurze Lesungen sowie Anekdoten des Gastes verfolgen und bei einer abschließenden Fragerunde in einen angeregten Austausch treten.
Besondere Betrachtung fand die Aufstellung der Strafdivision 999 im Herbst 1942, mit ursprünglich nur als ‚wehrunwürdig‘ eingestuften Männern. Hierbei wurde der Frage nachgegangen, was im Nationalsozialismus unter ‚wehrunwürdig‘ - unter anderem Personen, die als Straftäter oder aufgrund ihres politischen Widerstandes vom Dienst in der Wehrmacht ausgeschlossen wurden – verstanden wurde und was es mit der Aufstellung dieser Männer zu Strafdivisionen zu tun hatte. Dr. Joachim Käppner führte aus, dass durch die Strafdivisionen viele Regimegegner und Widerstandskämpfer zum Wehrdienst gezwungen werden konnten, diese hierbei jedoch oftmals ihren politischen Kampf fortführten. So konnte an diesem Abend einem oft wenig betrachteten Thema der Geschichte ein öffentlicher Raum gegeben werden und die Geschichten dieser ‚Soldaten im Widerstand‘ erzählt werden.
Zeugnisse der Alltags- und Kulturgeschichte des Holocausts
Zuletzt stellte Dr. Markus Roth (Fritz Bauer Institut Frankfurt) am 23. Juni die Zeitschrift „Fun letstn churbn - Von der letzten Zerstörung“ vor. Von 1946 bis 1948 wurden hier Zeugnisberichte von Überlebenden der Shoah veröffentlicht, in denen sie ihre Verfolgungserfahrungen, ihren Alltag und Widerstandsaktionen schilderten. Aufgenommen und überliefert wurden auch Lieder, die in Ghettos und anderen Lagern entstanden, aber auch Fotos und Zeichnungen. Eindrücklich waren die Berichte, aus denen Markus Roth vorlas, und die Geschichten ihrer Verfasser, die teilweise in ihren Aufzeichnungen sogar so weit gingen, von sich selbst in der Vergangenheitsform zu schreiben. Eindrücklicher könnten das Leid und Ausweglosigkeit der Zeit der Verfolgung wohl kaum verdeutlicht werden.
Wir danken ebenso wie unsere Kooperationspartner (Evangelisches Forum Münster e.V., Gegen Vergessen – Für Demokratie im Münsterland e. V., Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Münster e. V., LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte) allen Referentinnen und Referenten für ihre Vorträge im ersten Halbjahr 2022 und freuen uns auf spannende Beiträge und Diskussionen in den nächsten Monaten.