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Tag des offenen Denkmals
"Tatort Fabrikantenvilla"
Unter dem Titel "Tatort Fabrikantenvilla" lud der Geschichtsort am diesjährigen Tag des offenen Denkmals bei strahlendem Sonnenschein in zwei Führungen dazu ein, auch abseits von Innenstadt und Promenade einen Blick auf geschichtsträchtige Gebäude zu werfen und gemeinsam hinter die Fassaden der ehemaligen Industriellenvilla zu blicken - auf ihre Bewohnerinnen und Bewohner und den Wandel der Villa im Laufe der Jahrzehnte.
Ganz nach dem Thema "Sein und Schein", unter dem der Denkmaltag 2021 stand, zeigte die prächtige Industriellenvilla den Reichtum der Familie, den Rudolf ten Hompel als Zementunternehmer erwirtschaftet hatte - auch noch in Zeiten der Weltwirtschaftskrise, in denen das Glück der Familie zunehmend ins Wanken geriet, bevor das Gebäude schließlich in den Staatsfiskus überging. Bis heute sind in den heutigen Ausstellungsräumen mit Kaminen, Stuckverzierungen und kostbarem Parkett Elemente der ursprünglichen Einrichtung erhalten. Aber auch abseits der Ausstellung bot sich die Möglichkeit, Räume zu erkunden, die zu regulären Öffnungszeiten nur selten besichtigt werden können: Vorstellungskraft war gefragt, sich von der Terrasse im ersten Obergeschoss aus den groß angelegten Garten mit Brunnen vorzustellen, wenn sich der Blick auf das Rechnungsprüfungsamt erstreckt, oder um in Gedanken ein Bild der Einrichtung eines ehemaligen Schlafzimmers der Familie entstehen zu lassen. Fliesen mit Motiven von Seepferdchen, Muscheln und Schildkröten hingegen lassen keinen Zweifel daran, dass sich im Nebenzimmer das Badezimmer der ten Hompels befand.
Doch nicht immer war die Villa ein Wohnhaus, sondern beherbergte ab 1940 das Büro des Chefs der Ordnungspolizei im Wehrkreis VI. So begaben sich die Besucherinnen und Besucher auf Spurensuche der Geschichte der Villa als nationalsozialistischem Täterort, Sitz der Entnazifizierungsbehörde und des Wiedergutmachungsdezernats zu erfahren, bei der ehemalige Verfolgte des NS-Regimes Rückerstattungs- und "Wiedergutmachungsleistungen" beantragen konnten.
Auch bot sich über die wechselhafte Geschichte der Raum, um über Fragen der Erinnerungskultur zu reflektieren und zu diskutieren – in der Hoffnung, diese und das Interesse an der Vergangenheit und ihren Aktualitätsbezügen auch außerhalb großer Anlässe wie dem Tag des offenen Denkmals aufrecht zu erhalten.