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Vergessenen begegnen
Ausstellung zu NS-Opfern aus dem Münsterland
Zeugen Jehovas, Sintizze und Sinti bzw. Romnja und Roma, homosexuelle Menschen, Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, sogenannte „Asoziale“ und „Berufsverbrecher“, Opfer des Euthanasie-Programms und von Zwangsterilisierung. Es ist eine lange Liste derjenigen, die im Nationalsozialismus verfolgt, aber deren Schicksal nach 1945 lange nicht anerkannt wurde. Umso wichtiger, dass sich nun Forschungs- und Gedenkprojekte immer mehr mit diesen Opfergruppen beschäftigen.
So war in den letzten Wochen in der Bezirksregierung eine Ausstellung zu „vergessenen“ NS-Opfern aus dem Münsterland zu sehen, die Studierende der Münster School of Design ausarbeiteten. Für Peter Schilling vom Verein „Spuren Finden e.V.“, auf dessen Initiative die Ausstellung entstanden ist, handelt es sich bei der Würdigung dieser Opfergruppen durch die Ausstellung um ein Herzensprojekt. Am vorerst letzten Öffnungstag führte er FSJlerin Jule Richter und Mitarbeiterin Kim Sommerer durch die Ausstellung und erläuterte das Konzept, einen tieferen Blick hinter die Fassaden zu werfen, um Näheres über die Biografien der acht Personen zu erfahren, deren Schicksal durch Text- und Audiomaterial, abgedruckten Quellen und Illustrationen vergegenwärtigt wird. Wie etwa das von Fritz Rippberger, der aufgrund seiner Homosexualität verhaftet und im Konzentrationslager Dachau umgebracht wurde. Oder die Familie Lübke, die bis auf zwei Mitglieder im sogenannten „Zigeunerlager“ Auschwitz ermordet wurde.
Heute erinnern mancherorts Stolpersteine, Gedenkstelen oder Skulpturen an die Opfer der NS-Zeit. Der Zeitpunkt der Verlegung, der Ort und auch die Art der Gestaltung dieser Erinnerungsorte sag(t)en allerdings viel darüber aus, inwiefern die einzelnen Verfolgtengruppen tatsächlich als solche anerkannt wurden. Schüler*innen des Arnold Janssen-Gymnasiums in Neuenkirchen gestalteten so eigene Erinnerungsstätten an die Euthanasie-Opfer des Kreises Steinfurt, die ebenfalls in der Ausstellung zu sehen sind.
Im Juni soll die Ausstellung „Vergessenen begegnen“ erneut in der Bezirksregierung zu sehen sein. Wie aktuell die Aufarbeitung der Verbrechen an vernachlässigten Opfergruppen ist, zeigt auch der Beginn eines im Stadtarchiv angesiedelten Forschungsprojektes im letzten Jahr. So lässt sich hoffen, dass nun endlich eine Würdigung auch dieser „vergessenen“ Verfolgten stattfindet.
Zum Forschungsprojekt des Stadtarchivs