Der Westfälische Friede

Bewegender Abschluss des Programms „DAS JUBILÄUM“ zum 375. Jahrestag des Westfälischen Friedens: die Große Licht- und Klanginstallation „Longing for Peace“ am Abend des 24. Oktober auf dem Prinzipalmarkt.
 
 
Friedens-Klänge
 

Was der Westfälische Frieden regelte

Schon vorher gab es Versuche, die Konflikte zu beenden, etwa in Lübeck 1629 oder in Prag 1635. Sie scheiterten, weil sie nicht die Interessen aller Beteiligten einbezogen. Das gelang erst in Münster und Osnabrück – mit dem ersten gesamteuropäischen Friedenskongress.

Die Friedensabkommen bringen territoriale Veränderungen mit sich. Neben Gebietsabtretungen des Reichs an Frankreich und Schweden entstehen zwei souveräne Staaten neu:

  • Die Vereinigten Niederlande gewinnen nach ihrem Achtzigjährigem Unabhängigkeitskrieg gegen Spanien die staatliche Souveränität – der „Vrede van Munster“ gilt als Geburtsurkunde der Niederlande.
  • Auch die Schweizer Eidgenossenschaft scheidet aus der Rechtshoheit des Reichsverbandes aus und wird de facto unabhängig.

„Westphalian System“

Völkerrechtlich legt der Westfälische Frieden den oder zumindest einen Grundstein für ein modernes Prinzip: Die Gleichberechtigung souveräner Staaten, unabhängig von ihrer Macht und Größe. Noch heute spricht die Politikwissenschaft, insbesondere die realistische Schule (Henry Kissinger), deshalb vom „Westphalian System“.Durch die Garantien der großen europäischen Mächte erweist sich der Frieden als stabilisierendes Element für die weitere Entwicklung in Europa. Noch bis zum Ende des 18. Jahrhunderts wird er immer wieder als Referenz für nachfolgende Friedensschlüsse herangezogen.

Ende des Religionsstreits im Reich

Auch reichsintern haben seine Beschlüsse Vorbildcharakter, sie werden zu Bestandteilen der bis 1806 gültigen Verfassungsordnung des Reiches. Im Hinblick auf den erbitterten und blutigen Religionsstreit, der am Anfang des Dreißigjährigen Krieges stand, bringt der Westfälische Frieden schließlich die Beendigung des Zeitalters der Konfessions- und Religionskriege.

Innerhalb des Reichs wird neben der katholischen und der lutherischen nun auch die reformierte Konfession als gleichgestellt anerkannt. Zugleich gilt eine Art Minderheitenschutz: Zwar sind die Protestanten reichsweit in der Minderheit, sie dürfen aber auf Reichstagen in Religionsfragen nicht überstimmt werden. Es wird ein „Normaljahr“ als Stichdatum für Ansprüche der drei Konfessionen bestimmt: Sowohl materieller Besitz der drei konfessionellen Richtungen wie auch die Rechte der Religionsausübung werden auf den Stand vom 1. Januar 1624 festgesetzt.

 

Warum der Westfälische Frieden noch heute bewundernswert ist

Der Westfälische Frieden hatte vertragliche Ergebnisse und Folgen, die wir noch heute erkennen können. Doch fast noch interessanter sind die Fragen, die gelöst werden mussten, um diese Ergebnisse zu erreichen. Allein schon die Größe des Friedenskongresses – so etwas hatte es bis dahin noch nicht gegeben. In Münster und Osnabrück stand eine Bühne für ganz Europa: Viele wollten dabei sein, alle schauten dorthin.  

Die Vielzahl und Vielfalt der Akteure warf neuartige Fragen auf, etwa hinsichtlich des Ranganspruchs der Beteiligten. Wer unter den Kriegsgegnern des Kaisers sollte bei einem solchen Kongress den protokollarischen Vorrang haben. Der französische König? Oder die schwedische Krone? Wie sollte ein katholischer spanischer Graf mit den häretischen Calvinisten der Niederlande sprechen? Die Antworten auf solche Fragen waren nicht einfach zu finden, aber bisweilen verblüffend einfallsreich und kreativ.

Münster & Osnabrück

Der Kongress wurde schlicht auf zwei Standorte aufgeteilt, die in vertretbarer Entfernung voneinander lagen. In Osnabrück verhandelten die Protestanten, geführt von ihrer protestantischen Führungsmacht Schweden, mit Kaiser und Reich. In Münster konferierte das Reich mit den Katholiken, also den Franzosen und Spaniern, dazu kamen die Gesandten der Niederlande, die ja speziell mit den Spaniern zu tun hatten.

Mediatoren vermitteln

Nicht zuletzt, um protokollarische Fragen zu umschiffen, wurden Mediatoren bestimmt, die zwischen den Gesandtschaften vermitteln sollten: In Münster der päpstliche Nuntius Fabio Chigi, der später selbst als Alexander VII. Papst wurde, sowie Alvise Contarini, Chefdiplomat der hoch angesehenen Republik Venedig, der schon bei der Anbahnung des Kongresses aktiv gewesen war.

In der Folge kam es zu Verfahren, bei denen die Gesandten selbst nur in absoluten Ausnahmefällen direkt miteinander verhandelten. Sie übergaben ihre Schriften vielmehr einem der Mediatoren, der sie dann an die Gegenseite weiterreichte.

Der venezianische Mediator Contarini hatte dabei eine besondere Rolle. Denn dem päpstlichen Nuntius Chigi war es strikt untersagt, mit den niederländischen Häretikern direkt zu sprechen. Niederländische Vorschläge, die über Mediator Chigi die Gegenseite erreichen sollten, mussten also stets den zusätzlichen Weg über Contarini nehmen, umgekehrt dann der gleiche Umweg.

 

Langwierige Verhandlungen

Erschwert und auch zeitlich verlängert wurden die Verhandlungen natürlich dadurch, dass die Fürsten und Potentaten nicht persönlich anwesend waren. Bei jeder schwerer wiegenden Entscheidung mussten die Gesandten beim heimischen Hof rückfragen und die Antwort abwarten. Auch die jeweils aktuellen Nachrichten von den Kriegsschauplätzen wirkten sich aus. Natürlich versuchten alle Beteiligten, aus militärischen Erfolgen einen Vorteil zu ziehen. Doch entscheidend war: Solche Hoffnungen blieben stets auf die Verhandlungen und ihre Ergebnisse bezogen. Niemand setzte auf einen Sieg, der Verhandlungen und Verständigung überflüssig machen würde.

Das Ergebnis

Im Ergebnis stand ein Friedensschluss, der auf einer wechselseitigen Verständigung und auf vertraglichen Abmachungen beruhte, auch wenn Interessengegensätze selbstverständlich bestehen blieben und teilweise noch nachträglich geregelt werden mussten. Das galt in ganz besonderem Maße für die religiösen Fragen. Was sich über all diese komplizierten Verfahrensregeln hinweg abzeichnete und am Ende durchsetzte:

Es ging nicht mehr um das Ausfechten religiöser Wahrheiten, sondern um geregelte Verfahren, die es möglich machten, mit konkurrierenden religiösen Wahrheiten, die nach wie vor nebeneinander und unversöhnlich bestanden, auf friedliche Weise umzugehen. Deutlich wurde das nicht zuletzt, als der Papst in einer offiziellen Note scharf gegen den Friedensschluss protestierte, weil er die Rechte der katholischen Seite leichtfertig aufgegeben sah. Die katholischen Beteiligten des Abkommens hielt dies nicht von der Unterzeichnung ab - ein religiöser Schiedsrichter wurde in Sachen Krieg und Frieden nicht mehr akzeptiert.