Maylis de Kerangal: Weiter nach Osten
Das Titelbild stellt die Weite dar, etwas Karges und Ungewisses. Die tagelange Fahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn von Moskau in den Osten nach Wladiwostock bildet den örtlichen und zeitlichen Rahmen dieses kurzen Romans.
Der zwanzigjährige Rekrut Aljoscha soll in der mongolischen Steppe seinen zweijährigen Wehrdienst ableisten und weiß von Beginn an, dass er nicht zum Rekruten unter all den anderen Rekruten taugt. Er versucht mehrmals zu fliehen, vergeblich, bleibt dabei aber unerkannt. Ohne Hilfe wird er es nicht schaffen.
Er trifft im Zug zufällig auf die 35-jährige reiche Französin Helène, die in der ersten Klasse ein Abteil für sich belegt. Auch sie ist auf der Flucht. Sie hat entschieden, dass sie ein Leben mit ihrem Geliebten in Russland nicht aushält, dass es keine Heimat dort für sie gibt.
Die beiden verbindet trotz ihres unterschiedlichen Alters und der fehlenden gemeinsamen Sprache eine geheimnisvolle Nähe. Sie nimmt ihn mit in ihr Abteil, obwohl sie sich der Gefahr – auch für sich selbst – bewusst ist. Er muss versteckt werden. Und was wird sein in Wladiwostock?
Die Sprache des Romans entspricht der Reise von Aljoscha und Helène: atemlose unendliche Sätze, der Fluss vieler Stunden im Zug, vorwärts-drängend zum Osten, ohne Tag und Nacht auseinanderhalten zu können, die Spannung der Verstecksituation aufgreifend. Fesselnd.