Uwe Wittstock: Marseille 1940

Marseille 1940 – Die große Flucht der Literatur
Varian Fry – diesen Namen hatte ich bisher noch nicht gehört. Der amerikanische Journalist nimmt eine zentrale Rolle in diesem Buch ein. Er war der Organisator des Emergency Rescue Committee, welches sich mit vielen weiteren Fluchthelfenden im Jahr 1940 die Aufgabe gestellt hatte, möglichst vielen Kunstschaffenden, Schriftsteller*innen, Intellektuellen zur Flucht vor dem Nationalsozialismus aus Frankreich und anderen Ländern Europas zu verhelfen. Das ERC half mit der Beschaffung von Ausreisepapieren, Visa oder Schiffspassagen, sorgte für finanzielle Hilfen und brachte die Flüchtlinge teilweise persönlich über die Grenzen.
In vielen Szenen und Episoden der Fluchtgeschichten von z.B. Anna Seghers, Lion Feuchtwanger, Heinrich Mann, Golo Mann, Alma Mahler-Werfel und Franz Werfel erfahren wir, wie sie in diesem Jahr in Paris gelebt haben, in Internierungslager geschickt wurden, sich allein oder in langen Flüchtlingsströmen nach Südfrankreich und Marseille durchgeschlagen haben und schließlich mit Hilfe des ERC gerettet wurden.
Das Buch ist kein Sachbuch, aber für alles, was er geschrieben hat, gibt es laut Wittstock Belege. Oftmals hat er auf Briefe, Tagebücher, Autobiografien oder Erinnerungen der Geflüchteten zurückgegriffen. Es liest sich – durch die Struktur und durch die anschauliche Sprache – gut und ist doch gleichzeitig erschreckend durch die geschichtliche Wahrheit der damaligen Zeit.
Uwe Wittstock hat sein Buch den vielen unbekannten Flüchtlingen ge-widmet. In Erinnerung an Varian Fry gibt es in Berlin die Varian-Fry-Straße.