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Ausschnitt eines alten Stadtplans von Münster aus dem Jahre 1862
 
Straßenschild Ringoldgasse
 
 
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Reha-Mathel-Falk-Weg

Stadtbezirk:Münster-Mitte
Statistischer Bezirk: Düesberg
Entstehung: 1988
Amtsblatt: 23/1988
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Stolperstein zur Erinnerung an Reha-Mathel-Falk vor dem Haus Kirchstraße 27

Benannt nach Reha Mathel Falk, *12.12.1938 Münster, †Mai 1944 KZ Auschwitz.

 

 

Laut Erlass vom 23.8.1938 waren ihre Eltern verpflichtet, für sie einen "jüdischen" Namen auszusuchen. Reha Mathel Falk zog mit ihrer Mutter am 1.4.1942 nach Hopsten und wurde am 31.7.1942 (Transport Nr. XI/1-762) von dort nach Theresienstadt deportiert. Mitte Mai 1944 fand sie - fünfeinhalbjährig - den Tod in den Gaskammern von Auschwitz. 1950 wurde sie für tot erklärt.

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das Lexikon

Quelle: Gisela Möllenhoff und Rita Schlautmann-Overmeyer, Jüdische Familien in Münster 1918 bis 1945, Teil 1: Biographisches Lexikon, Münster 2001




 

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1.9.1941: Reha Mathel Falk

Als Reha Mathel Falk am 12. Dezember 1938 geboren wurde, lag der Pogrom vom 9./10. November 1938 gerade einen Monat zurück. Der Großvater väterlicherseits war in Beckum in jener Novembernacht ermordet worden. Der Zwangsverkauf jüdischen Eigentums war in vollem Gange. Der zusätzliche Name Israel oder Sara wurde für die jüdische Bevölkerung verpflichtend, sofern diese nicht einen jüdisch klingenden Namen hatte.
Die jungen Eltern wählten für ihre Tochter den Namen Reha, vielleicht in Erinnerung an die Tochter Nathans des Weisen, Recha. Die Ereignisse des 9. November machten allen klar, dass ein Verbleib in Deutschland nicht mehr möglich war. Richard Falk gelang es, nach England zu emigrieren. Seine junge Familie sollte sobald wie möglich folgen. Doch Erna Falks Mutter erkrankte an Krebs, die Tochter wollte die Mutter nicht allein zurücklassen. Als diese im Januar 1941 im Franziskushospital starb, hatte Erna Falk mit ihrer Tochter Reha schon seit langem die Wohnung in der Kirchstraße verlassen müssen. Beide wohnten nun mit elf anderen jüdischen Menschen im Hause Salzstraße 3 / 4. dem ehemaligen, nun zwangsverkauften Kaufhaus Feibes. Ein Zusammenleben von Juden und Nichtjuden war seit dem 30. April 1939 gesetzlich verboten.
Im Dezember 1941 begann das düsterste Kapitel in der Geschichte der münsterschen Juden. Reha war gerade drei Jahre alt geworden, als die Mehrzahl der noch in Münster lebenden Juden nach Riga/Lettland deportiert wurde (13.12.1941). Vermutlich im Januar 1942 wurden Erna Falk und ihre Tochter zusammen mit 76 älteren Menschen in der ehemaligen jüdischen Schule am Kanonengraben zusammengezwängt. Am 1. April 1942 zogen Reha Mathel Falk und ihre Mutter zu Verwandten nach Hopsten in die Bauerschaft Börnebrink. Noch drei oder vier Monate konnten sie dort bleiben, dann wurden sie abgeholt, gesammelt, in Viehwaggons gesperrt und in das Ghetto Theresienstadt in Böhmen deportiert.
Wahrscheinlich war Reha in Theresienstadt in einem Kinderheim untergebracht, während ihre Mutter zum Arbeitseinsatz verpflichtet wurde. Die Lebensbedingungen waren katastrophal, die Überlebenschancen gering. Dennoch lebten Erna und Reha Falk noch knapp zwei Jahre hier, bis sie am 15. Mai 1944 mit 2501 weiteren Häftlingen für den Transport nach Auschwitz bestimmt wurden. Sie trafen am 16. Mai dort ein. Reha Mathel Falks Leben endete, als sie fünf Jahre alt war, ihre Mutter wurde 39 Jahre. Ihr Vater starb 1962 in England.
Am 31. Juli 1942 setzte sich der letzte Deportationszug mit münsterschen Juden von der Rampe des Güterbahnhofs aus in Bewegung. Es war ein heißer Julitag, ein Freitag. Sehr wahrscheinlich waren Reha Mathel Falk und ihre Mutter unter diesen Deportierten.
Quelle: (gekürzt) Westfälische Nachrichten, Freitag 31.7.1992

 

Im Stadtgebiet Münster gibt es 31 Straßen, die nach Menschen mit jüdischer Abstammung benannt sind:
Alfred-Flechtheim-Platz, Baumgartenweg, Edith-Miltenberg-Weg, Edith-Stein-Straße, Einsteinstraße, Elfriede-Meyer-Weg, Eli-Marcus-Weg, Else-Scheuer-Weg, Goldenbergstraße, Gumprichstraße,
10
Hedwig-Feibes-Weg, Heilbronnweg, Helmut-Pins-Weg, Henny-Uhlmann-Weg, Henny-Waldeck-Weg, Henriette-Hertz-Weg, Henriette-Son-Straße, Hoffmannweg, Jacob-von-Korbach-Weg, Julius-Voos-Gasse,
20
Luise-Rappoport-Weg, Marks-Haindorf-Stiege, Meta-Seelig-Weg, Nanny-Katz-Weg, Philippsweg, Reha-Mathel-Falk-Weg, Simonsplatz, Sonja-Kutner-Weg, Sophie-Heimbach-Weg, Weinbergweg und
30
Zwi-Schulmann-Weg.

Gehört zum Thema:


Die Straße hieß von 1939 bis 1988 Willy-Hölscher-Weg.
Willy Hölscher, in Attendorn geboren, in Münster aufgewachsen, besuchte das Paulinum. 1913 diente er als Einjähriger im Infantrie-Regiment Nr. 13.
Im Jahre 1916 erhielt er seine fliegerische Ausbildung. Er fiel am 31.1.1917 an der Westfront.

"Ein Kriegsheld ist nicht mehr zeitgemäß"
G.A. (Name des Anwohners gekürzt) macht keine großen Worte und geht auch nicht auf die Barrikaden. "Wir finden einfach", sagt der 28jährige Münsteraner und Anwohner des Willy-Hölscher-Weges, "dass die Benennung einer Straße nach einem Kriegshelden nicht mehr zeitgemäß ist." Einen neuen Namen für die Straße nahe der Kreuzung Umgehungsstraße/Hammer Straße hat er auch schon ausgesucht: Reha-Mathel-Falk-Straße soll sie heißen, nach einem jüdischen Mädchen aus Münster, das im Alter von vier Jahren in einem KZ umgebracht wurde.

Den Namen Willy Hölscher, das hat der Student der Geschichte im Stadtarchiv ermittelt, hat die Stadt der Straße während der Zeit des Nationalsozialismus, 1939, gegeben. Der in Attendorn/Sauerland geborene Willy Hölscher besuchte das Paulinum in Münster und erhielt hier seine jagdfliegerische Ausbildung. 1917 fiel er als Jagdflieger im Alter von 24 Jahren.

Der Vorstoß für die Namensänderung kommt nicht zufällig in diesen Tagen. "Wir schlagen den neuen Namen als eine Geste des Mitgefühls für die aus Münster vertriebenen Juden vor", meint G.A. "In diesem Jahr, am 8. November, jährt sich der Tag der Synagogenzerstörung zum 50. Mal. Und wir finden, das wäre eine passende Gelegenheit, unseren Straßennamen zugunsten eines jüdischen Opfers zu ändern."

Den Namen Reha Mathel Falk fand der junge Münsteraner in einer Buchveröffentlichung. Aus dem Namensverzeichnis, das die jüdische Gemeinde in Münster zusammengestellt hat, suchte er den Namen des Kindes heraus, von dem nicht viel mehr vermerkt ist, als dass es 1938 in Münster geboren und vier Jahre später von den Nazis ermordet wurde. [...]
Quelle: Münstersche Zeitung vom 17.9.1988